ABC der gelungenen Volksfeste

präsentiert vom Deutschen Schaustellerbund e.V.
in Kooperation mit dem Deutschen Städtetag und dem Deutschen Städte- und Gemeindebund




Bewerbung um Anerkennung der „gelebten Volksfestkultur in Deutschland“
als immaterielles Kulturerbe bei der UNESCO

"Wo Jahrmarkt ist, ist pures Leben."
(Pythagoras, um 570 v. Chr.)

Die deutsche Volksfestkultur ist mit ihrer Fülle von tief im volkstümlichen Brauchtum verwurzelten Jahrmärkten, Kirmessen und Weihnachtsmärkten in ihrer Art einzigartig auf der Welt. In keinem anderen Land finden so viele Volkfeste statt wie in Deutschland – im Jahr 2012 waren es rund 12.000 (Studie ift 2013). Volksfeste sind in unserer Gesellschaft ein wichtiger Bestandteil der Freizeitgestaltung, sie sind Orte des sozialen Miteinanders und stiften Identität und Integration. Hier werden regionale Bräuche gepflegt sowie Traditionen gelebt und weiterentwickelt. Ein Volksfestbesuch gehört als "Muss" in jedes Reiseprogramm, denn ein Volksfest ist Ausdruck der Lebensfreude und des Brauchtums einer Region. Es zeigt deutlich: so feiern die Bayern, so feiern die Sachsen, so feiern die Schleswig-Holsteiner. Große und kleine Volksfeste und Kirmessen finden fast das ganze Jahr über statt. Sie bieten, Vergnügen, Entspannung, Abwechslung und damit Erholung für Jung und Alt, Arm und Reich. Die Volksfeste bieten den Menschen nicht nur Zerstreuung und Abstand vom Alltag. Sie haben zugleich ihren unverzichtbaren Stellenwert im dörflichen und städtischen Leben.

Seit Jahren fordert der Deutsche Schaustellerbund (DSB), die Berufsspitzenorganisation der Schausteller in Deutschland, deshalb die Anerkennung der deutschen Volksfestkultur als immaterielles Kulturerbe. Jetzt endlich ist es soweit: Nach dem Beitritt Deutschlands zum "UNESCO-Übereinkommen zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes" war der Weg frei für die offizielle Bewerbung des DSB um Anerkennung der „gelebten Volksfestkultur in Deutschland“ als immaterielles Kulturerbe bei der UNESCO.

Warum verdient die Volksfestkultur in Deutschland die Anerkennung als immaterielles Kulturerbe?

  1. Volksfeste sind kulturell tief in der Gesellschaft verwurzelt. Volksfeste und Kirmessen – und dazu gehören auch die Weihnachtsmärkte – sind über Jahrhunderte gewachsene, kulturell und kirchlich beeinflusste Veranstaltungen. So leitet sich das Wort Kirmes beispielsweise ab von Kirchmesse bzw. Kirchweihe. Und die Verleihung von Stadt- oder Marktrechten steht oft in Verbindung mit Volksfesten (z.B. Oldenburger Kramermarkt anno 1608). Das älteste deutsche Volksfest ist das Lullusfest in Bad Hersfeld (1.200 Jahre).
  2. Auf den deutschen Volksfesten wird Brauchtum gepflegt, Gemeinschaft erlebt und die Tradition volksnaher Unterhaltung aufrechterhalten. Volksfeste üben seit Jahrhunderten im Kulturgebiet Deutschlands einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung der Gesellschaft, der menschlichen Sozialisation und des Tourismus aus und stellen ein einzigartiges und außergewöhnliches Zeugnis einer jahrhundertealten Kulturtradition dar.
  3. Volksfeste sind gelebte Völkerverständigung und ein herausragendes Beispiel für Bräuche, die bedeutsame Abschnitte in der menschlichen Geschichte darstellen. So förderten beispielsweise das Deutsch-Französische und das Deutsch-Amerikanische Volksfest in Berlin nach dem Ende des zweiten Weltkrieges die Wiederannäherung der Völker. Volksfeste sind eine kulturelle Ausdrucksform (wie Sprache, Handwerk oder Musik), die von Generation zu Generation weitergegeben und immer wieder neu gestaltet wird.
  4. Volksfeste sind Besuchermagneten und bedeutender Wirtschaftsfaktor. Volksfeste sind die Werbe-Aushängeschilder der Städte und Gemeinden. Jedes Jahr locken sie Millionen Besucher aus nah und fern in die deutschen Städte und Regionen. Davon profitieren auch der Einzelhandel, Hotels, Gaststätten, Taxibetriebe und der öffentliche Nahverkehr.
  5. Volksfeste sind Orte des sozialen Miteinanders. Volksfeste sind Orte der Integration und Identifikation ("mein Volksfest"). Hier kommen Menschen von jung bis alt, von unterschiedlicher Herkunft und aus unterschiedlichen sozialen Schichten zusammen. Ihre soziale Funktion wird uns auch von den deutschen Gerichten, allen voran dem Bundesverwaltungsgericht (im Jahre 2009) bestätigt. Sie heben die Ausrichtung traditioneller Volksfeste und Weihnachtsmärkte als ein Stück Daseinsvorsorge für die Bürger hervor.
  6. Die Schausteller sind seit jeher die Träger der deutschen Volksfestkultur. Ob Imbiss, Fahrgeschäft oder Schaubude: Schausteller passen den Auftritt ihrer Geschäfte seit Jahrhunderten dem spezifischen Charakter des jeweiligen Volksfestes stets von Neuem an und sorgen so für den richtigen Lokalkolorit und die passende Atmosphäre – vom Nürnberger Frühlingsfest bis zum Dresdner Weihnachtsmarkt. Die Schausteller geben ihr Wissen um die Bespielung der Volksfeste von Generation zu Generation weiter und tragen damit maßgeblich zum Erhalt einer lebendigen Volksfestkultur bei. Dieses Wissen gilt es zu schützen, denn es ist nicht verschriftlicht.
  7. Mit ihren Darbietungen fördern die Schausteller den sozialen und kulturellen Austausch über nationale Grenzen und sprachliche Barrieren hinweg. Sie entführen die Besucher in eine Traumwelt und leben den europäischen Gedanken der Völkerverständigung. Sie handeln zukunftsorientiert, bewerben ihre Volkfeste in den neuen Medien und binden Veranstalter und Besucher interaktiv (z.B. auf Facebook) mit ein.
  8. Die gelebte deutsche Volksfestkultur ist einmalig auf der Welt. Die Verknüpfung von Tradition und Moderne und ihr ständiger Wandel machen die deutsche Volksfestkultur so lebendig. Die Vielfältigkeit der Volksfeste spiegelt sich in ihren regional unterschiedlichen Bezeichnungen wider: Die einen sagen "Kirmes" oder "Kerwe", die anderen "Messe" und wieder andere "Markt". In München zieht es die Besucher auf die "Wiesn", in Stuttgart auf den "Wasen", in Franken auf den "Plan" und in Oberbayern auf die "Dult". Im Elsass ist es der "Bungert" und in Norddeutschland heißt die Messe "Brink". In ihrer Vielfältigkeit repräsentieren die Volksfeste ganz Deutschland und seine Bevölkerung, nicht nur Teile davon. Das unterscheidet sie von anderen Segmenten im Freizeitsektor und macht sie schützenswert.
  9. Die Anerkennung der Volksfeste als immaterielles Kulturerbe unterstützt den Fortbestand der Volksfeste. Viele kleine und mittlere Volksfeste und Stadtteilkirmessen mit langer Geschichte kämpfen heute ums Überleben. Die Ursachen dafür sind vielfältig: Konkurrenz im Freizeitsektor, ein verändertes Freizeitverhalten (mehr Indoor, weniger Outdoor), aber auch ein mangelndes Bewusstsein und nachlässige Behandlung der Feste durch die Veranstalter. Vielerorts arbeiten Schausteller und Kommunen bereits eng zusammen, teilen sich Kosten und erarbeiten neue Marketingkonzepte, um das Fortbestehen der Volksfeste für die Zukunft zu sichern.
  10. Mit der Aufnahme der gelebten deutschen Volksfestkultur in die "Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit“ will der DSB die lebendige Volksfestkultur aufrechterhalten. Die Anerkennung der Volksfeste als immaterielles Kulturerbe hilft Politik, Veranstaltern und Schaustellern, die vielen traditionsreichen Volksfeste hierzulande durch kulturpolitische Maßnahmen zu schützen und damit den Volksfesttourismus und die Wirtschaft in den Regionen zu fördern. Denn die Aufnahme kultureller Ausdrucksformen, Bräuche und Traditionen in die Liste des immateriellen Kulturerbes hält diese auch in Zukunft lebendig 

Deshalb appellieren wir an Sie: Unterstützen Sie unsere Bewerbung für die Anerkennung der gelebten deutschen Volksfestkultur als immaterielles Kulturerbe!

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